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Geothermie aus der Pfalz –

Energie mit Perspektive

Um die Energieversorgung für Speyer und Schifferstadt zu dekarbonisieren und unabhängig zu machen, soll die Versorgung des bestehenden Fernwärmenetzes in Speyer und eines geplanten Nahwärmenetzes in Schifferstadt durch die Nutzung des großen geothermischen Potentials der Region realisiert werden. Geothermische Energie ist klimafreundlich, steht 365 Tage im Jahr rund um die Uhr zur Verfügung und ist als grundlastfähige Energiequelle von herausragender Bedeutung für die kommunale Energieversorgung.

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FAQ

Was ist Geothermie?

Die Temperatur der Gesteine im Inneren der Erde steigt mit zunehmender Tiefe an. Auf den meisten Landmassen der Erde beträgt dieser Anstieg in den obersten Schichten der Erde, der sogenannten Erdkruste, welche sich bis in einige 10er Kilometer Tiefe erstreckt, etwa drei Grad pro 100 Meter. In besonders geeigneten Gebieten, wie dem Oberrheingraben, kann auch ein deutlich höherer Anstieg beobachtet werden. Das bedeutet, dass in den Gesteinsschichten der Erde große Energiemengen gespeichert sind.

Um diese geothermische Energie nutzbar zu machen, muss sie mittels eines Transportmediums an die Oberfläche gebracht werden. Dabei wird zwischen „flacher“ und „tiefer“ Geothermie unterschieden. Flache Geothermie gewinnt dabei die Energie aus Tiefen von weniger als 400 Metern. Als Transportmedium dient dabei Wasser, welches in einem geschlossenen Rohrsystem eine Bohrung durchfließt und sich dabei erwärmt. Das heißt, das Wasser kommt dabei nicht direkt mit dem Gestein in Berührung. Die so gewonnene Wärme kann jedoch aufgrund der geringen Temperatur (maximal etwa 20 bis 25° C) nur für die Heizung einzelner Gebäude oder für kalte Nahwärmenetze im Verbund mit Wärmepumpen verwendet werden.

Tiefe Geothermie, so wie sie in dem Projekt geplant ist, fördert dagegen die Wärme aus Tiefen von mehr als 1.500 Metern, im Oberrheingraben typischerweise zwischen 3.000 und 5.000 Metern. Dazu werden zwei, in manchen Fällen auch mehrere, Bohrungen bis in die entsprechende Tiefe niedergebracht. Eine der Bohrungen, die „Produktionsbohrung“, dient dazu, das in der Tiefe in Klüften und Poren des Gesteins vorhandene Wasser, welches auf die dort herrschende Temperatur aufgeheizt ist, an die Oberfläche zu fördern. Dort wird dem Wasser die Wärme entzogen. Diese kann dann zum Bespiel über ein Fernwärmenetz, zum Heizen, als Prozesswärme in der Industrie oder (wenn die Temperatur des geförderten Wassers ca. 120° C übersteigt) auch zur Stromgewinnung genutzt werden. Danach wird das abgekühlte Wasser über die zweite Bohrung, die „Injektionsbohrung“, wieder in die Tiefe gepumpt. Auch hier ergibt sich ein geschlossener Kreislauf des Tiefenwassers, welches im Normalbetrieb des Kraftwerks nicht mit der Umwelt in Berührung kommt.

Was wollen die Partner mit dem Projekt erreichen?

Die beiden Stadtwerke Speyer und Schifferstadt wollen die Potenziale der Erdwärme in der Region nutzen und die gemeinsamen Klimaziele einer regenerativen Wärme- und Stromerzeugung erreichen. Mit dem weiteren „Baustein“ Geothermie beabsichtigen sie, die Energiewende durch eine nachhaltige, möglichst CO2-neutrale Energieversorgung voranzubringen und Anlagen zur Einspeisung der Erdwärme in ein Fernwärmeverbundnetz zu bauen und zu betreiben. Auf fossile Energieträger als Brennstoff soll dabei verzichtet werden (Dekarbonisierung der Energiegewinnung). Geothermie ist besonders klimafreundlich und steht an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr zur Verfügung. Sie ist deshalb grundlastfähig und hat damit einen besonders hohen Wert für die Energieversorgung.

Das mineralreiche Thermalwasser im Untergrund des Oberrheingrabens bietet möglicherwiese zusätzlich eine Chance zur Rohstoffgewinnung. In verschiedenen Projekten werden aktuell Versuche zur Extraktion von Lithium aus dem Thermalwasser durchgeführt. Die Stadtwerke haben sich mit einem bewilligten Aufsuchungsantrag für Lithium dieses Potenzial gesichert.

Warum ist gerade der Oberrheingraben für Geothemie geeignet?

Die Eignung eines Gebiets für die Gewinnung geothermischer Energie hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab: (1) möglichst hohen Temperaturen im Untergrund in möglichst geringer Tiefe und (2) dem Vorhandensein von Wasser in den entsprechenden Tiefen und von Strukturen, in denen dieses Wasser fließen kann. (1):  In welcher Tiefe welche Temperatur herrscht hat einen wesentlichen Einfluss auf die Kosten und damit die Wirtschaftlichkeit eines Geothermieprojekts, da er bestimmt, wie tief zum Erreichen einer benötigten Temperatur (zum Beispiel mindestens 120° C zur Stromgewinnung) gebohrt werden muss und die Bohrungen einen wesentlichen Teil der Baukosten darstellen.

Zudem werden häufig ab einer gewissen Tiefe Gesteinsschichten angetroffen, welche sich zum Beispiel wegen ihrer geringen Wasserdurchlässigkeit („Permeabilität“) nicht zur Förderung von Wasser eignen, was wiederum die maximal erreichbare Temperatur des geförderten Wassers begrenzt. Die Wasserdurchlässigkeit der Gesteinsformation, welche zur Gewinnung geothermischer Energie erschlossen werden soll (sogenanntes „Reservoir“), ist jedoch von fundamentaler Bedeutung. Zum einen bestimmt die Durchlässigkeit im unmittelbaren Umfeld der Bohrung die erreichbare Fließrate des Wassers – sowohl bei der Produktion als auch der Reinjektion in den Untergrund. Werden bestimmte Fließraten nicht erreicht, typisch etwa 50l/s, so lässt sich ein Kraftwerk nicht wirtschaftlich betreiben. Zum anderen bestimmt die Durchlässigkeit im weiteren Umfeld wie groß das Gesteinsvolumen ist, aus dem die Wärme gewonnen werden kann.

Bezüglich des ersten Punkts, der Temperatur in der Tiefe, ist der Oberrheingraben, neben Gebieten im bayrischen Alpenvorland (sogenannte „Molasse“) und Teilen des norddeutschen Beckens, eines der drei am besten geeigneten Gebiete in Deutschland. Die Zunahme der Temperatur liegt hier deutlich über dem Durchschnitt. Grund dafür sind die günstigen geologischen Voraussetzungen, insbesondere das Vorhandensein vergleichsweise dicker Sedimentschichten sowie ein überdurchschnittlich hoher Wärmestrom aus den tieferen Schichten der Erde.

Die Wasserdurchlässigkeit eines Gesteins hängt, zumindest in Gesteinen wie sie typischerweise im Oberrheingraben in den relevanten Tiefen unter etwa 3.000 Metern auftreten, zumeist davon ab, wie viele Risse und Brüche sie enthalten und wie diese geformt und miteinander verbunden sind. Besonders hoch ist die Dichte solcher Brüche häufig in sogenannten Störungszonen. Das sind Zonen im Untergrund, in welchen das Gestein in Folge von Bewegungen und Verformungen gebrochen ist. Da es sich beim Oberrheingraben um ein geologisch recht aktives Gebiet handelt, sind solche Störungszonen hier recht häufig, womit sich die Chance erhöht, solche, für die Extraktion von Wasser aus der Tiefe besonders geeigneten Strukturen, zu finden.

Die Eignung des Oberheingrabens für die Gewinnung geothermischer Energie zeigt sich auch an der Existenz einer Reihe erfolgreicher, kommerziell betriebener Geothermieprojekte, so zum Beispiel in Insheim, Bruchsal und Rittershofen.

Wie ist der Projektablauf geplant?

Die beiden Partner setzen auf ein sorgfältiges Vorgehen in Phasen und eine frühzeitige sowie transparente Kommunikation.

Vom Landesamt für Geologie und Bergbau (LGB) wurden den beiden Stadtwerken eine Aufsuchungserlaubnis erteilt. Zwischenzeitlich wurde ein Fachunternehmen beauftragt, um bestehende seismische Daten zur Ermittlung des Untergrundes zu begutachten. Aktuell wird geprüft, ob geologische Daten auch von anderen Firmen zugekauft werden können, die für einen Großteil des Feldes bereits vorliegen.  

Darauf aufbauend planen die geologischen Fachleute die weitere Exploration und entscheiden, ob eigene Datenerhebungen durch Messungen durchgeführt werden. Im Frühjahr/Sommer 2023 sollen die Standorte, die in Frage kommen, feststehen. Dort, wo der beste Standort ist, soll in den nächsten beiden Jahren zunächst eine Bohrung durchgeführt werden. Von der ersten Bohrung bis zum Kraftwerksbetrieb vergehen in der Regel nochmals ca. drei Jahre (vorausgesetzt die Bohrung war erfolgreich).

Wo liegt das Aufsuchungsgebiet?

Das Aufsuchungsfeld „Rhein-Pfalz“ hat eine Fläche von etwa 150 Quadratkilometern und umfasst Gebiete der kreisfreien Stadt Speyer, der kreisangehörigen Stadt Schifferstadt sowie des Landkreises Rhein-Pfalz bis zum angrenzenden Landkreis Bad Dürkheim.

Wo innerhalb dieses Gebiets eine Geothermieanlage gebaut werden kann, lässt sich erst nach weiteren Untersuchungen ermitteln.

Wie wird der Schutz der Umwelt (Trink- und Grundwasser) sichergestellt?

Im Gegensatz zu fossil befeuerten Kraftwerken entstehen beim Betrieb einer Geothermieanlage keine Treibhausgase oder andere schädliche Abgase.

Eine Beeinflussung des Trinkwassers sowie des anderweitig nutzbaren Grundwassers ist weitgehend ausgeschlossen. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass sich Trinkwasser- und geothermische Reservoire in völlig unterschiedlichen Tiefen befinden. Trinkwasser wird in der Region aus höchstens 100 bis 200 Metern Tiefe gefördert, während die Zieltiefen für geothermische Projekte bei 3.000 bis 5.000 Metern liegen. Das bedeutet, dass die Bohrungen die genutzten Grundwasserhorizonte durchqueren müssen. Das Wasser aus der Tiefe wird jedoch durch einzementierte, mehrfach ummantelte Stahlrohre an die Oberfläche und zurück in den Untergrund befördert und ist somit sicher vom flacheren Grundwasser isoliert. Für Genehmigungen, Bohrungen, Bohrplätze und den Betrieb eines Geothermie-Kraftwerks greifen umfangreiche Regelungen und Gesetze, deren Einhaltung von den Behörden geprüft wird.

Muss mit mehr Seismizität gerechnet werden?

Im Oberrheingraben treten aufgrund der immer noch aktiven Grabenbildung häufiger natürliche Erdbeben auf (natürliche Seismizität). Geothermie kann im tiefen Untergrund ebenfalls minimale geologische Bewegungen herbeiführen, die meist durch die Änderung der Druckverhältnisse ausgelöst werden, aber in der Regel unter der Fühlbarkeitsschwelle sind.

Das Umweltbundesamt schließt in einer Studie Schäden an Gebäuden durch Geothermie weitgehend aus.

Zur Kontrolle der Maßnahmen ist es im Oberrheingraben verpflichtend vorgeschrieben, ein seismisches Überwachungssystem aufzubauen und zu betreiben. Dabei ist festgelegt, welche Schritte beim Auftreten von Mikroerdbeben einzuleiten sind. Diese Maßnahmen können bis zum Abstellen der Anlage reichen.

Entsteht beim Bau oder dem Betrieb der Anlage Lärm?

Die gesetzlich festgelegten Grenzwerte der Lärmvorschriften sind auf jeden Fall einzuhalten. Geregelt sind diese in der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) und in der Richtlinie für Baulärm (AV Baulärm).

Insgesamt konzentrieren sich die Emissionen vor allem auf die Bohrarbeiten. Im Betrieb selbst sind Geothermieanlagen vergleichsweise leise, da geeignete Schallschutzmaßnahmen umgesetzt und die emittierenden Anlagenteile abgeschottet werden. Damit die Lärmemissionen über den gesamten Projektablauf von der Bohrung bis zum Betrieb Berücksichtigung finden und die öffentlichen Interessen in diesem Bereich gewahrt werden, ist im Rahmen des Genehmigungsverfahrens eine detaillierte Schallimmissionsprognose vorzulegen. Deren Einhaltung wird auch mit Abschluss der Bohrarbeiten und nach der Inbetriebnahme der Geothermieanlage geprüft.